Ein Ort wo Geschichten erzählt werden

Andreas Erndl am 27.03.2025

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Eindrücke vom Besuch bei Walter Tirl im „Papiermuseum“ Kellberg

Nach einen mei­ner ers­ten Got­tes­diens­te in Kell­berg habe ich Wal­ter Tirl das ers­te Mal vor sei­ner Gale­rie (auf der ande­ren Stra­ßen­sei­te der Kir­che) getrof­fen. Er begrüß­te mich mit den Wor­ten: Dort (in der Kir­che) ist die Theo­rie – hier (in der Gale­rie) die Pra­xis“. Mitt­ler­wei­le ver­ste­he ich, was er damit gemeint hat. Ich durf­te schon eini­ge schö­ne Stun­den am Mitt­woch­vor­mit­tag mit ganz lie­ben und net­ten Men­schen dort erle­ben. Vor kur­zem war ich mit Ros­wi­tha Sterl aus Thyr­n­au bei ihm. Wir möch­te euch von unse­rem Erleb­nis“ in Walter´s Gale­rie berichten.

„„Dort (in der Kir­che) ist die Theo­rie – hier (in der Gale­rie) die Praxis“”

Andre­as: Es ist Mitt­woch 10 Uhr. Ros­wi­tha und ich sind mit dem Rad von Thyr­n­au gekom­men. In Wal­ters Gale­rie begrüßt uns ein gedeck­ter Tisch mit Ker­zen und ein freund­li­cher Wal­ter. Er heißt uns und kur­ze Zeit spä­ter auch Mari­an­ne herz­lich will­kom­men und bewir­tet uns mit duf­ten­den Kaf­fee und lecke­ren Bre­zen. In Wal­ters Gale­rie ist man umge­ben von unglaub­lich vie­len Papier­mo­del­len und eini­gen Bil­dern sei­ner Frau Hil­de. Eigent­lich ist immer ent­spann­te Stim­mung, aber heu­te sind Wal­ter und Mari­an­ne trau­rig. Ein jun­ges Mäd­chen aus Kell­berg, wel­ches bei­de in ihre Her­zen geschlos­sen haben, ist schwer krank. Die­se Nach­richt scho­ckiert und macht betrof­fen. Bei­de erzäh­len von den Ereig­nis­sen der letz­ten Wochen und war­um sie sich Sor­gen machen. Die Situa­ti­on ist schwie­rig und man fühlt sich hilf­los. Ich bie­te Ihnen an zu beten und wir brin­gen gemein­sam die Situa­ti­on im Gebet vor Gott. Das ist typisch für die Begeg­nun­gen in der Gale­rie – es gibt immer Situa­ti­on, wofür man beten kann. Die tief­sin­ni­ge und ein­fühl­sa­me Art von Wal­ter und der Gäs­te schaf­fen den Raum dafür. ”

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Heidelind, die verstorbene Frau von Walter

Die Gäs­te wur­den sogar mit Ker­zen­licht empfangen!”

Ros­wi­tha: Ganz ohne Vor­in­for­ma­tio­nen betrat ich um 10 Uhr das Muse­um und stand kurz still da – über­wäl­tigt vom ers­ten Ein­druck – rechts an der Wand eine Farb­ex­plo­si­on in gro­ßen Bil­dern sei­ner Frau Hei­de­lind, eine Blü­ten­pracht, aber auch das domi­nan­te gro­ße Kunst­werk mit dem Titel der Weg ins Licht“ in sat­ten Blau­tö­nen und licht­durch­flu­te­ten son­nen­gel­ben Mit­tel­punkt ist impossant. Dann die vie­len klei­nen und grö­ße­ren Glas­vi­tri­nen mit Minia­tur­ge­bäu­den wie Not­re­da­me, Neu­schwan­stein, Sem­per­oper – Kir­chen – auch der Pas­sau­er Dom ist zu bewun­dern – sowie Loko­mo­ti­ven – Flug­zeu­gen, Schif­fe, Autos und Tie­re wur­den aus Papier gefer­tigt. Stau­nend ging ich durch die Rei­hen, und kam an einen gedeck­ten Tisch – Die Gäs­te wur­den sogar mit Ker­zen­licht emp­fan­gen! Kurz dar­auf kam Hr. Pfar­rer Erndl und zwei wei­te­re Frau­en dazu. Nach einem schö­nen Gebet von Hr Pfar­rer ent­wi­ckel­te sich eine inten­si­ve Unter­hal­tung. Wal­ter erzähl­te von den Bas­tel­stun­den mit Kin­dern: wie inter­es­siert und kon­zen­triert und sau­ber sie mit­ar­bei­te­ten. Ich habe ein paar Uni­ka­te bewun­dern kön­nen und war erstaunt, was Kin­der­hän­de unter pro­fes­sio­nel­ler Hil­fe fer­ti­gen kön­nen. Ganz erfüllt von die­sen Ein­drü­cken wer­de ich in mei­nem Umfeld davon mit Begeis­te­rung berichten.“

Andre­as: Die Krank­heit der Frau von Wal­ter war der Anfang der Gale­rie. Bei einem Kur­auf­ent­halt von Hei­de­lind lern­ten bei­de Kell­berg ken­nen und lie­ben. Dann erstand die Idee von der Gale­rie als Begeg­nungs­ort für Men­schen. Jetzt, wo Hei­de­lind nicht mehr lebt, lebt ihre Visi­on wei­ter und damit auch sie. Die Gale­rie ist ein Ort, wo Men­schen sich begeg­nen und wo Geschich­ten erzählt wer­den, die irdi­sches und himm­li­sches ver­bin­den. Auch heu­te reden wir über Bot­schaf­ten von Ver­stor­be­nen oder auch die Kom­mu­ni­ka­ti­on von Tie­ren mit Men­schen, auch über deren Tod hin­aus. Wal­ter hat schon vie­le Wun­der erlebt und jedes Tref­fen in der Gale­rie ist für ihn ein Wun­der. Das spürt man auch. Es ist ein beson­de­rer Ort. Ein Ort, wo sich auch schon Part­ner gefun­den haben. Ein Ort, wo man über die Fügun­gen Got­tes spricht. Wal­ter ver­traut da ganz auf sei­en Hei­de­lind. Sie war der kom­mu­ni­ka­ti­ve Part­ner in ihrer Bezie­hung und sei bringt jetzt die Men­schen in der Gale­rie zusam­men. Für Wal­ter ist Hei­de­lind noch immer prä­sent. Er sagt, dass ech­te Freund­schaft kei­ne Ent­fer­nung und kei­ne Zeit trennt. Man spürt, dass die Gale­rie ein beson­de­rer Ort ist, ein Ort, wo viel­leicht nicht vie­le Men­schen kom­men, aber dafür die Rich­ti­gen zum rich­ti­gen Zeitpunkt. 

Eine Inspi­ra­ti­on sind natür­lich auch die Bil­der. Ein Bild von Hei­de­lind heißt: der Weg zum Licht. Es ist und bleibt unfer­tig und über­schrei­tet damit die Zeit. Viel­leicht malt es Hei­di in der Ewig­keit fer­tig, möch­te man denken. 

Die Gale­rie ist ein Ort, wo Men­schen sich begeg­nen und wo Geschich­ten erzählt wer­den, die irdi­sches und himm­li­sches verbinden.”

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Ein wei­te­res Bild ist die Tür zum Para­dies“, wie Wal­ter es nennt. Die Tür zum Para­dies ist eigent­lich das Nord­tor des Flo­ren­zer Bap­tis­te­ri­ums. Dort fin­det man ver­schie­de­ne Bil­der. Die Kopie eines Bil­des mit einer Dar­stel­lung der Geschich­te von Josef und Ben­ja­min hat sei­nen Weg in Wal­ters Gale­rie gefunden. 

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Wer die Geschich­te dazu hören möch­te, kann Wal­ter ger­ne fra­gen. Er erzählt ger­ne die Geschich­ten sei­ner Bil­der, oder auch der Papier­wer­ke. Mari­an­ne erzählt uns bei­spiels­wei­se an die­sem Tag, dass im Muse­um eini­ge Wer­ke ihres Man­nes aus­ge­stellt sind. Wenn sie im Muse­um ist, dann fühlt sie sich auch ihrem Mann nahe. 

Ich bin Wal­ter sehr dank­bar, dass er mich damals ange­spro­chen hat und dass sich dar­aus eine Freund­schaft ent­wi­ckelt hat. Wal­ter hat mir im Vor­feld unse­res Besu­ches einen Text geschickt, in dem er sei­ne Gale­rie mit sei­nen Wor­ten beschreibt:”

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Die Gale­rie erin­nert uns dar­an, dass jedes Leben ein Geschenk ist – ein­zig­ar­tig, wert­voll und ver­gäng­lich. Doch in der gemein­sa­men Krea­ti­vi­tät, im Geden­ken, im Tei­len bleibt etwas bestehen.”

KUNST ALS ZEUG­NIS DES LEBENSDIE GALE­RIE KUNST KAR­TON KREA­TIVIN KELLBERG

Wal­ter: Manch­mal führt uns das Leben auf uner­war­te­te Wege – Wege des Abschieds, aber auch der neu­en Begeg­nun­gen. Mei­ne Frau Hei­de­lind Tirl war Kunst­päd­ago­gin, ich selbst arbei­te­te als Tech­ni­scher Redak­teur in Mün­chen. Als Hei­de­lind schwer erkrank­te, kam sie zur Reha­bi­li­ta­ti­on in die Kli­nik Pr. Sche­del. Wäh­rend die­ser Zeit ent­deck­ten wir die Schön­heit von Kell­berg und ent­schie­den uns 2017, unse­ren Lebens­mit­tel­punkt hier­her zu verlegen.

Nach Hei­de­linds Tod im Jahr 2020 stand ich vor der Fra­ge, wie ich ihr Erbe bewah­ren könn­te. Dann hör­te ich von frei­en Räu­men im Kro­na­wit­ter-Gebäu­de und fass­te den Ent­schluss, die Gale­rie KUNST KAR­TON KREA­TIV“ zu eröff­nen – einen Ort, an dem ihre Gemäl­de wei­ter­le­ben und mei­ne Kar­ton­mo­del­le einen Rah­men fin­den. Doch schnell wur­de die Gale­rie mehr als ein Aus­stel­lungs­raum: Sie wur­de ein Treff­punkt. Kin­der kamen, um gemein­sam zu bas­teln, zu tan­zen und zu sin­gen. Jeden Mitt­woch tref­fen sich Erwach­se­ne zum Kaf­fee­kränz­chen. In die­ser Gemein­schaft erleb­te ich, wie Krea­ti­vi­tät das Dorf­le­ben berei­chern kann.

Durch das Inter­net wur­de die Gale­rie über Kell­berg hin­aus bekannt. Men­schen stell­ten mir Kar­ton­mo­del­le ihrer Ange­hö­ri­gen zur Ver­fü­gung, sodass sich die Samm­lung ste­tig erwei­ter­te. So ent­stand das ein­zi­ge Kar­ton­mo­dell-Muse­um Deutsch­lands, das auch Ölge­mäl­de zeigt. Der Ein­tritt ist frei, es wird nichts ver­kauft – doch eine Spen­den­kas­se ermög­licht es, jähr­lich den Hos­piz-Ver­ein Pas­sau und das PALIO-Team Wald­kir­chen zu unter­stüt­zen. Beson­ders Kur­gäs­te der Reha-Kli­nik Pr. Sche­del und Urlau­ber fin­den den Weg in die Gale­rie, um sich berüh­ren zu las­sen von der Schön­heit der Vergänglichkeit.

Denn genau das möch­te ich bewah­ren: Zeug­nis­se eines krea­ti­ven Lebens, Erin­ne­run­gen an Men­schen, die ihre Spu­ren hin­ter­las­sen haben. In der Bibel fand ich Wor­te, die mir den Sinn die­ses Weges ver­deut­lich­ten. Ich erkann­te, dass Gott uns nicht in Ver­su­chung führt, son­dern die Wei­chen stellt. Und so zeig­te sich schon bald, dass die­se Gale­rie nicht nur eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit, son­dern auch eine Not­wen­dig­keit ist. Denn das Leben geht oft uner­war­te­te Wege – so erlit­ten 2023 der Ver­mie­ter der Gale­rie, und 2025 ein Mäd­chen aus der Bas­tel­grup­pe einen Hirntumor.

Die Gale­rie erin­nert uns dar­an, dass jedes Leben ein Geschenk ist – ein­zig­ar­tig, wert­voll und ver­gäng­lich. Doch in der gemein­sa­men Krea­ti­vi­tät, im Geden­ken, im Tei­len bleibt etwas bestehen.”

Der Bericht ist eine Gem­schafts­pro­duk­ti­on von Wal­ter Tirl, Ros­wi­tha Sterl und Andre­as Erndl

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